http://www.mgbpensionierte.ch/de/seite/leserecke/alle-beitraege
Viele mögen sich erinnern: 14 Jahre lang hatte ich im HH 15 (Hochhaus 15. Etage)gewütet und versucht, mit neuen Ausbildungsmedien (zB VideoMIT) auf dem Boden zu bleiben. Internet gab es noch nicht. Mit Fragebögen hatte es begonnen, zu tausenden. Da wucherte die Sprache wie sie bei der Zielgruppe üblich war, es hiess etwa „es sollte sich bewegen“, Ausdrücke wie „Film“ waren noch ungeläufig (heute heisst das ja schon wieder anders, „Video“ … ), man musste das verstehen und entsprechend umsetzen. Dann kam die Pensionierung, und ich bin nach Haiti „verdurftet“, ausgerechnet.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, Ihr wisst, am 12. Januar 2010 hatte in Haiti ein fürchterliches Erdbeben über 300.000 Menschen in den Tod gerissen und mich völlig unverdienterweise überleben lassen (es kam bei Frank Elstner, Kurt Aeschbacher u.a.). Wenn DAS nicht verpflichtet! Es begann ein neues Leben, ein unbekannter Lebensstil. Ich hatte bisher übertrieben!
Als wohl bald Sterblicher (ich war eben 82) war meine Idee, wenigstens ESMONO unsterblich zu machen, die ECOLE SOLEIL SUR LES MONTAGNES NOIRES (Schule „Sonne über den Schwarzen Bergen“). Das war durch die Gründung einer Stiftung, was mehrere Tausender gekostet hätte, oder eines Vereins möglich, so bleibt dieses Geld den Waisen- und Strassenkindern. „PRO ESMONO sollte er heissen, es war gar nicht schwer, die nötigen Freunde in der Schweiz zu finden.“ So sind Spenden steuerabzugsfähig, das ist für Normalschweizer die Hauptsache. Und wer würde seine Batzen nicht lieber armen Waisen- und Strassenkindern spenden als Steuern und Staat (siehe http://www.swissfot.ch/htm_public_d/basis/swissfot_2014-10-15.pdf)?
Mein wunderschönes Traumhaus mit Türmli am Meer war zerbrösmelet und meine Alters-Traumwelt auch. Ich wohne seither bei meiner damaligen Masseuse (keine Angst, sie ist verheiratet und hat 5 eigene Kinder, und noch mehr solche von ihren Schwestern). Für mich begann ein neues Leben, eine neue Lebensweise, bisher völlig unbekannt, in einem kleinen Haus aus Zementblöcken, Wohnfläche 1 Quadratmeter halbiert, gerade Platz für einen Laptop. Der zweite darunter oder abwechslungsweise darauf.
Eben gestern feierten wir ein Freudenfest. Das Haus war übervoll, ich schlief im einzigen Bett, sonst alle auf dem harten Steinboden, 40 oder 50, dichtgedrängt wie in der Sardinenbüchse. Man konnte sich nicht bewegen, es blieb kein cm Gehraum – nein, soo was hatte ich noch nie erlebt. Und wie die froh und fröhlich waren, bis zum Schlafen „tanzten“ (wo das auch ging) und sangen. Sie hatten nichts, und doch alles, was sie brauchten.
Was brauche ich eine AHV, was andere Güter und eine Rente? Ich lebe, ist das nicht genug? Die Rente hinterliess ich Frau und Kindern, die leben in der Schweiz und in Frankreich, sie finden es dort besser. ICH finde es besser hier bei den Armen, vor Ort zu helfen. Ich habe eine AHV, schrieb ein paar Bücher, vermiete einige Links etc., und habe nun auch Freunde und Spender, das alles ist für die Schule. Und die blüht!
Wir haben Kinder aufgenommen, meist eltern- und obdachlose in grosser Zahl, und eine Schule gegründet, das gab es hier nicht. Lesen und Schreiben müssen sie können, das lernten wir anfänglich ab Packungen und Büchsen aus Abfällen. Aus den 40 Kindern wurden bis heute, fünf Jahre später, 250. Leider können wir mehr nicht nehmen, denn jetzt ist es knallvoll, auch in der Schule. Danke allen Freunden, die kamen bald, halfen und helfen!
Ich habe gelernt, wie die Armen zu leben. Säuglinge kreischen neben mir um die Wette, suchen mit ausgestrecktem Fäustchen eine Gegenfaust und klopfen sich anschliessend stolz dreimal auf die eigene Brust, es entwickeln sich ganz neue Kommunikationsformen (schon beginne ich, sprachlich, auch abzuheben, pardon … ).
Es fing also bei der Sprache an, und das ist bis heute so geblieben. Ja, die suchen und finden. Viele Erwachsene haben das verlernt. Lernen von Säuglingen!
Und schon sind wir beim Thema: kaum können die Menschen einigermassen lesen und schreiben, beginnen sie abzuheben, den Boden unter den Füssen zu verlieren, die Vergangenheit zu vergessen. Die Studierten, Entwickelten, Politiker aus der Diaspora, aus Kanada, Frankreich, den USA und anderen „Schlaraffenländern“, sie wollen nur selber verdienen. Rasch und reich werden. Sie bringen die dortige Kultur mit und vergessen Chaos und Ursprung, sie verstehen nichts und werden nicht mehr verstanden. Babylon? Mag sein. Jedenfalls Wirklichkeit!
Migros-Pensionierten-Zeitung
Spenden für Esmono (für MICH brauche ich keine!), Pro Esmono, Zürcher Kantonalbank, Kto.1100-05239615, IBAN CH52 0070 0110 0052 3961 5, SWIFT ZKBKCHZZ80A. Danke!