Vor lauter Erinnerungen und tatsächlichen, traurigen Terrorerlebnissen aus Europa, Ferien und Platz schaffen für Bauarbeiten hätte ich es fast vergessen: Ostern ist die Zeit der Drachen, eines alten Osterbrauchs, den wir vor einigen Tagen durchspielten, als die einstigen Strassenkinder noch im Schulzelt waren. Hier warteten sie gespannt vor dem Schulhaus der Grösseren, sie warteten auf die Osterdrachen.
Dieses Jahr bekommen sie diese von Freunden geschenkt, keine zwei sind gleich. Das Gaudi ist gross. Und wenn sie nach den Ferien erst noch das neue Schulhaus sehen werden, die Schule in der Luft, die nur auf einem Ständer steht … Dann werden bestimmt auch neue Lieder klingen, neue Ansporne zu neuen Leistungen!
Ich zitiere wiederum Latinapress, wie schon bei den Raras, einem andern haitischen Osterbrauch:
„Während man in Europa bunte Eier versteckt und durch die Kinder suchen lässt, lässt man auf den Inseln Drachen steigen, auch jenseits den Landesgrenzen, so in der Dominikanischen Republik. Auch Osterhasen haben hier keine Chance, sie sind in der Hitze weggeschmolzen, noch bevor sie auf den Tropenwiesen umher hoppeln konnten. Aber Drachen aus Papier und anderen leichten Materialien, die schmelzen nicht. Im Gegenteil, sie lieben die Bodenhitze, die dann ungestüm steigende Winde erzeugt – Gelehrte und Piloten nennen das „Thermik“. Jugend jeglichen Alters beginnt schon monatelang vorher mit dem Bau kunstvoller Drachen, die auch üppig verziert werden. Bunt wie nordische Ostereier, also doch eine Gemeinsamkeit? Auch in Schulen und Kindergärten gilt jetzt nur noch ein einziges Bastelthema, und jeder versucht das schönste und auch technisch vollkommenste Kunstwerk zu bauen“.
An Ostern fliegen sie dann los. Und mancher Pilot verheddert sich im Drähtegewirr. Telefonat- und andere Stromunterbrüche sind dann kein Zufall.
„Schon zwei Wochen vor Ostern wird geübt, Platzrunden gedreht, kühne Drachenpiloten haben Hausdächer besetzt und lassen ihre Werke steigen. Nicht einfach, die Dinger an hunderten von Drähten vorbei zu lotsen, die von den Stromdieben von einer Freileitung zum eigenen Wohnsitz gezogen wurden. So hängen die verunfallten Fluggeräte nach kurzem Start in die Hoffnung oft traurig von den Stromfäden herunter und warten auf einen befreienden Wirbelsturm. Die glücklichen Aufsteiger aber steigen auf und tanzen mit ihren Partnern lustig um die Wette. Sie steigen in den Luftwirbeln so hoch in den Himmel, dass man sie nicht mehr sehen kann. Ganz ähnlich wie bei den Menschen. Das dauert eine gewisse Zeit und ist dann plötzlich vorbei, wie so viel anderes. Bei den Drachen am Freitagabend, sie haben Ostern nicht einmal mehr erlebt. Denn vom Samstag an sieht man keinen einzigen Drachen mehr. Ich hätte gern mehr über die Gründe geschildert, doch konnte ich darüber selber nichts erfahren. Die Antwort lautet stets, dass das immer so war. Man muss ja auch nicht immer so dumm fragen nach Allem.“
Notlandung? Zu`spät
Papierdrachen warten, einer für jedes Kind
Jedem Schüler seinen Drachen
Drachenführer